Eine Weihnachtsgeschichte in zwei Teilen
1. Teil:Per Anhalter über die B51
Heute morgen wachte ich mit einem
unglaublichen Kopfschmerz auf. Eine Schraubzwinge über meinen Kopf gespannt, von der Stirn bis hinter das Bett. Hinter den Augen zwängte sie meinen Schädel schmerzhaft zusammen. Ich fühlte nach
dem Wecker, der lediglich für zeitdemonstrative Zwecke aufgestellt bereitsteht
und wähnte mich bereits verschlafen. Ein Blick auf das lose Ende des
Handyladekabels verriet das Fehlen des aktiven Weckers. Die Kopfschmerzen
schränkten meine Handlungsfreiheit stark ein. Ich wurmte im Bett bis ich den
Kopf zur Bettkante brachte und öffnete die Augen nach dem vermissten Telefon. Ich fand nur
die Batterieabdeckung. In diesem Zustand konnte ich bloß auf die
Disintegrität meines Handys und nicht auf dessen Folgen schließen.
Verdammtes Teil, ich musste es nachts
mit einer Bewegung im Schlaf vom Tisch gerissen haben. Ich robbte zum Kopfende,
blickte unters Bett. Das Telefon, bäuchlings, ohne Akku und weit entfernt. Eine Monsteraufgabe für
mich, die Schläfen pochten. Wie ein Besen räumte ich unter dem Bett mit meinem
Arm nach dem Akku. Finden, greifen, Augen schließen und ausruhen. Ich drehte
mich auf den Rücken, in beiden Händen Handyteile, um mehr Luft zu bekommen. Ich
atmete, schloß die Augen und fühlte mich erschöpft bevor ich überhaupt
aufgestanden war.
Wäre es eine gute Entscheidung aufzuhören mit dem Rauchen? Irgendetwas war stark
aus dem Gleichgewicht geraten, ich fühlte mich krank. Nein eher als werde ich
krank. Mit dem Auto fuhr ich an diesem morgen nach Brühl. Ich hatte am
Frühstückstisch als einzige Handlung ein Schmerzmittel auf einen Löffel
getropft, das ich mal für Magenkrämpfe bekam, welches ich damals auch nur solange
nahm, bis ich plötzlich erkannte, dass es ein Schmerzmittel und kein
Magenmittel war. Ich fühlte mich auf meiner Fahrt ganz gut in dem Auto, die
Kopfschmerzen waren lange nicht weg, aber dafür war alles andere angenehm. Ich
zweifelte an der Wirkung des Mittels ob seiner Subtilität. Die Heizung blies
warm in den Fußraum, die Ampeln waren mir gut gesinnt. Das untere Ende Kölns,
die Ausfahrt über die Luxemburgerstraße, auf den Militärring Richtung Brühl
abbiegend, gestaltet sich meistens quälend. Das Arschloch Kölns, hat meist
Verstopfung oder hält ein, weil seine Straßenbahnen kreuzen. An der Ecke steht
eine Anhalterin. Da ich pro-Anhalterinnen bin, und mir als Führerschein-Neuling
oft wünsche ich würde eine nette Anhalterin mitnehmen, um meine Weile auf der
Fahrt auf eine nette Weise zu verkürzen, frohlockte ich. Ich war mir erst nicht
sicher, aber dann erkannte ich sie. Dort stand meine Nikotinabhängigkeit. Sie
hatte eine Kapuze von ihrem Anorak über den Kopf und ihre Hände tief in den
Ärmeln. Nur ihre Daumenbewegung unterschied sie von einem Passanten. Ich hielt
mit zwei Rädern auf dem Bordstein und zog die Verriegelung an der
Beifahrerseite raus. Sie setzte sich mit fröstelndem Blick auf den Sitz und
schnallte sich sofort an. Ich sah sie an, sie war um einiges jünger als ich,
hatte in ihrem Augen den Blick eines kleinen liebenswerten Mädchens, ein paar
Haare fielen aus ihrer Kapuze und ich schloss auf Frisur und Haarfarbe. Beim
hastigen Anschnallen streifte ein Blick ihre Hand. Ihre Fingernägel waren kaputt und schwarz unterlegt. Sie musste schmutzige Hände haben wie ein
Feldarbeiter.
„Es ist so kalt. Seit 6 Uhr bin ich draußen, und nichts.“ Ich
verstand nicht. Kam sie gerade vom Feld? Wer arbeitet denn hier so
unmenschlich? „Keine Chance, keine einzige, was soll ich jetzt machen.“ Ich
vermutete, dass sie geistig verwirrt oder in einer Notsituation sein musste.
Ich fragte sie also, „Was machst du denn?“ Sie schaute mich kurz an, sie hat
kleine Muttermale neben ihrem Auge und leicht gebräunte Haut. Sie schaute
wieder auf die Straße und redete dabei etwas mit halbgeschossenem Mund. Sie nannte Zahlen, ich konnte aber nichts zuordnen, was sie von mir wollte, und warum sie überhaupt
so plötzlich so offen redete. Ich war darauf gefasst einen Zielort genannt zu bekommen, an dem
sie möglichst nahe abgesetzt werden wollte. Das ist es doch, was man als Mitfahrer auf der Zunge hat? Aber der Weg von A nach B schien
nicht ihr hauptsächliches Problem zu sein. „Ich gehe auf zwanzig, aber
nichts. Nicht mal zehn. Ich mach auch mit anfassen für zwanzig und heute,
war nichts da, da mache ich es auch für zehn.“ Ich schluckte.
0 Kommentare:
Kommentar veröffentlichen