Weihnachten wird unterm Baum entschieden

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Noch einmal duschen, dann ist Weihnachten. Und die einzige Frage, die alle scheinbar beschäftigt ist, welche meteorologischen Einflüsse auf das eigene Tageswerk und jedem sein Gemüt  am heiligen Abend einwirken werden. Als ob es nicht genug wäre, all das was bereits auf das Gemüt einwirkt, am heiligen Abend. Aber die sozio-kulturelle Bedeutung scheint niemanden zu scheren, wenn er sich die "weiße Weihnacht" wünscht.
Das 'praktische' AOL Portal fasst bereits mit seinen Top-Suchbegriffen den Wunsch seiner Nutzer mit Trendhinweisen zusammen. Warum Weihnachts-Apps nun plötzlich auf dem absteigenden Ast sind, was Weihnachts-Apps überhaupt sind und was sie können, das scheint zumindest für deren Leserschaft nicht mehr so entscheident zu sein, wie die gleichmäßige Bedeckung der näheren Umwelt mit Schnee. Erstmal nichts gegen einzuwenden...

 


 Ich greife auch garnicht erst die überaus dämliche Frage des Tages auf, welche eigentlich nur zum internen Datamining beiträgt und wahrscheinlich das Ranking der Suchbegriffe heimlich beeinflusst. Stattdessen versuche ich die 1&1 Gesellschaft zu verstehen. Dazu machen wir uns als erstes ein Bild von deren Boulevard-Aushängeschild und begreifen deren Ansatz, eine Nachricht zu transportieren.
Dabei werden wir feststellen, dass es sich gar nicht um ein Nachrichtenportal handelt, sondern dass hier um Emotionen gefeilscht wird. In deren Internet Täuschungs Auftritt sind nämlich alle menschlichen Emotionen vertreten.




Freude, Traurigkeit und Angst sind hier die drei Hauptaugenmerke. Das sind auch die Hauptpfeiler des menschlichen Empfindens. Da reagieren selbst die stumpfesten noch mit ihrer Amygdala, weil sie nicht anders können. Das Schema reizt das limbische System und die Emotion ist geschaffen, bevor die Information verarbeitet werden kann. Als hirnlos, kann man solche Leserschaft zwar zweifelsohne nicht bezeichnen, aber ich stelle es mir wie ein Gängel vor, eine mentale Leine, wie bei einem Hund, dessen Besitzer auch schon beschlossen hat wo der Hund entlanglaufen wird, bevor das Tier sich ein Bild davon machen kann.




Und immer noch lässt uns die Frage nicht los: Gibt es weiße Weihnachten?
Berits von der Logik ist die Frage nonsens, aber der Demografie der Leserschaft ist das noch garnicht aufgefallen. Mein Tipp wäre auch, dass diese Überschriften selbst aus den Top-Suchbegriffen generiert werden und sich nicht etwa eine mehrköpfige Redaktion in zeitaufwendigen Besprechungen andernorts grübelnd zur Wahrheitsfindung im Netz beiträgt.

Unsere "besten Verbündeten, was klar ausformulierte Wahrheiten betrifft", haben dazu auch bereits letztes Jahr erquickende Fragestellungen entwickelt und bereits mit Emotionen vorverknüpft. Denn weiße Weihnachten ist anscheinend ganz klar mit Freude zu verbinden. Und interessanterweise, das Gegenteil, wenn zum Beispiel bei blauem Himmel die sonne scheint, es angenehme 7°C wären, das wäre ein Affront gegen Stimmung und Optimismus. Denn, wenn sich an Weihnachten irgendetwas erfüllen soll, dann auch bitteschön die sorgsam aufgebauten und polierten Stereotype. Also wir gehen weinend ins Bett, wenn die Erwartungen an Dinge, die wir nicht beeinflussen können, nicht eintreten. Es wird mit einer Vehemenz gefordert, welche Begründungen, wie "wenigstens diese eine mal im Jahr" oder "das haben wir uns verdient" neue Typenklassen und Gruppierungen schaffen, welche gleichermaßen Schicksalbündnis und Dummheit bedeuten.







Was haben unsere "besten Verbündeten, die für klar ausformulierte Wahrheiten stehen" für dieses Jahr an Erwartungen aufgbauscht? Einen "richtigen Winter". Endlich. Denn ein richtiger Winter ist ja bekanntlich das, was wir uns wünschen. Was ist denn ein richtiger Winter?
Zumindest schon mal "Minus 20 Grad" und "deutlich kältere Polarluft" "mit reichlich Feuchtigkeit und dementsprechenden Schneefällen bis herunter ins Flachland" sollen es dann schon sein. Ein richtiger Winter also. Wir sollten uns freuen. Ganz zum Schluss stellt sich das aber als verfrühte Diskussion im Artikel heraus, denn "Wenn es denn tatsächlich so winterlich kommt, dann können wir auch über diese Frage gerne noch diskutieren." und in der Vorhersage gemeint waren also zunächst nur die ersten beiden Dezemberwochen.





 Vielleicht beruht das ganze ja doch auf Verklärung, denn auf kluger Vorraussicht? Ich will hier keinem vor den Kopf stoßen, wenn er meint dass seine einsamen Tage am besten in der zugeschneiten Hütte zu verbringen wären. Bei Leibe, das wäre mir nur recht. Aber mir gefällt nciht, auf welchem Weg wir in dieses Dilemma geschliddert sind. Und zwar genauso, wie wir das mit dem Helloween nicht so genau erklären können, es aber trotzdem geschieht.

Hier ein Pop-kultureller Ansatz, der "die meistverkauften Single aller Zeiten",  eines von Irving Berlin komponierten Weihnachtslieds, dem die Erste Strophe gestrichen wurde (tatsächlich). Ich füge sie wieder hinzu  und ihr dürft dann selbst bewerten, was es für das Lied selbst, das übertragene Kulturgut, die fühlbare Satire und diesen Blogeintrag bedeutet.

  A                           Bm7  E7
The sun is shining. The grass is green.
D     E7         A                   E7
  The orange and palm trees sway.
A                               A7
There's never been such a day
 D                      Dm7
In Beverly Hills, L.A.
A Asus4    E         
 But it's December the twenty-fourth,
Bm7         E7
  And I'm longing to be up north.


 A                           Bm7  E7
I'm dreaming of a white Christmas
D     E7         A                   E7
Just like the ones I used to know
A                               A7
Where the tree-tops glisten
D                      Dm7
And children listen
A Asus4    E          Bm7         E7
to hear sleigh-bells in the snow


A                           Bm7   E7
I'm dreaming of a white Christmas
D     E7         A                   E7
With every Christmas card I write
A - Amaj7 - A7 D - Dmaj7 - Dm7
May your days be merry and bright
A                            D -       E7    A
And may all your Christmases be white  


Und jetzt kommt mir nicht mit "Bing Crosby war unmissverständlich, als er sich 1947 zu einer "white" Christmas in den Amerikanischen Norden wünschte." So etwas würde keiner heute vermuten, wenn er sich doch bittesehr nur den weißen Scheißschnee herwünscht. Darum geht es doch. Oder doch nicht? Bing kann man eine Menge nachsagen (so wie beim "Ratpack") aber geschrieben wurde es von Irving am 8. Januar 1940.

Doch so erst fügt sich auch die oben genannte Satire ins Bild, nicht wahr? Ja das tut weh.

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