Nichts ist erfolgreicher als die Dekadenz

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Was will der Mensch eigentlich? 

 


Wenn ich diese Frage stelle, dann zielt sie auf die Meta-Ebene ab. Auf einen Diskurs um die zu schaffende Struktur und deren Nachhaltigkeit, die über den Moment hinausgeht.

Zunächst, werdet ihr den Arm heben und alle zugleich wissen wollen, Henoth, warum stellst, Du diese Frage? Weil ich diese Frage interessant finde, im Hinblick auf die Beantwortung der Frage nach den Motiven für gewisse Taten. Motive, die mir zunächst nicht klar sind, oder nur schwer erklärbare Ursprünge zu haben scheinen. 

Unterschiedliche Gruppen sind unterschiedlich, weil sie andere Ziele haben. Haben Sie diese, weil sie eine andere physische oder ökonomische Ausgangsbasis haben oder weil sie einen wissensvorsprung besitzen oder sind diese beiden Standpuntke sogar verknüpft?
Dabei ist es mir gleich ob es sich um politische oder religiöse Zusammenkünfte handelt, ob um Interessenverbände, Fanclubs oder Staatenbünde.

Weil ich es aber von Gruppenideologien nicht lösen kann, soll keine über den Globus gleichklingende Struktur heruasgearbeitet werden. Vielmehr interessiert mich der kontemporäre Inhalt meines Kulturkreises, in dem ich mich bewege und dessen Auswirkungen auf mich Anteil haben. Also könnte ich die Frage besser anders stellen: Was will der Deutsche/ Europäer/ Westler eigentlich?

Wenn ich zum Beispiel feststelle, dass es eine Bestrebung gibt, die Öffentlichkeit mit einer Struktur zu durchziehen, die für jeden gleich greifbar sein soll und für alle einen Platz vorsieht, welcher die Macht auf die Veränderichkeit der Struktur für ihn sichern soll. Und auf diesem Myzel sollen dann Begriffe wachsen wie:
  • Würde
  • Sicherheit
  • Gerechtigkeit
  • uvm
Die dann für alle gleich verfügbar zu pflücken und von allen gleichermaßen zu pflegen sind (in der Idealvorstellung). Wenn ich jetzt also beobachte, dass eine  große Gesellschaft eine komplexe Struktur von gesellschaftlichen Regeln und Normen über einen langen Zeitraum aufgebaut hat und sich der Mehrheitsbegriff (Demokratie) als Schwerpunktsetzende Entität herausbildet, dann hinterfrage ich auch die Mechanik dieser Schwerpunktsetzung (z.b. hinsichtlich den Regeln der  Diskursethik) und die aktuelle Form der Nutzung von Macht zur Veränderlichkeit der Struktur (die   Repräsentativität einer Demokratie).

Warum muss man das jetzt auch noch für alle regeln?


Meine Kritik wird zweifelsohne weder auf die Idealvorstellung der Ideologien noch auf die fern von der Vorstellung befindliche Umsetzung in der Realität abzielen. Ich kann mir genug Beispiele vor Augen halten, wo den Teilnehmern dieses Diskurses dieser Apparat sehenenden Auges ad absurdum geführt wird und werde deshlab Abstand davon nehmen Apparat, Beispiele, Teilnehmer oder Auswüchse zu bagatellisieren, in dem ich sie witzig erläutere.

Viel eher möchte ich ganz platt erfahren, was der Einzelne eigentlich will, was seine Agenda ist, was er dafür bezahlen will oder besser was er dafür aufgibt, um zu bekommen. Denn ich habe die Vermutung, dass dies hier zum beispiel unser Preussisch und Nationalsozialistisch (uvm.) geprägtes Volk einen Hang zur Selbstaufgabe hat, wenn dies einem höheren Ziel dienen kann.



Das Äußerste, das heute zu denken gibt, verbirgt sich in den Routinen der permanenten Revolution, von der wir wissen, daß sie zu Eigendynamik fortgeschrittener geld- und wunschbewegter Gesellschaften gehört und die früher oder später eine erneute Konterrevolution des Politischen gegen den Primat des Ökonomischen provozieren wird. - Sloterdijk, aus: Das Menschentreibhaus, S.11

Es wird so sehr darauf geachtet, dass alles einen Kanon hat, eine Beschriftung und Reglementeierung, dass Strukturen geschaffen werden, die selber wieder so komplex sind, dass man Spezialisten ausbildet, die Repräsentative Zweige ausbilden, um die einzelne Person in diesen Strukturen zu vertreten:

Beispiele Interessenvertreter
  • Anwälte
  • Politiker
  • ...
Beispiele ökonomisch differenzierte Vertreter
  • Steuerberater
  • Anlageberater
  • angestellter Fachmann
  • ...
Das ist natürlich nicht neu, denn die Differenzierung ist eine deutliche Form des Fortschrittes. Fortschritt wohin allerdings. Schärfen wir den Blick für eine Zunkunft, in der die Differenzierung "abgseschlossen" ist. Das ist somit dann auch die vollständige Übergabe der eigenen Isonomie an den fachlichen Stellvertreter, entgegen der teilweisen Repräsentierung durch die z.B.o.g. Agenten. Die Form der Herrschaftsverwaltung habe ich mal dem Grad der Machtverteilung nach aufgetragen.
Von der Anarchie, in der niemand Herrschaft akzeptiert bis hin zu Formen, in denen Herrscher die Macht in sich vereinen, und dann Agenten, die repräsentativ für alle Handeln und somit die Macht virtuell distributiv verteilen.




Denkt man diese Differenzierung und Gleichverteilung bis zu dem Punkt zuende, wo es vollkommen ist, dann stößt dies schnell an die Grenzen des operativ Vorstellbaren. Es müsste sich ein völlig anderes Bewusstsein ausbilden, welches die Ablösung von der Unsicherheit der gewählten Vertretung und anstelle eines Gewissens und Vertrauens eine reziproke Zuversicht stellt; es müsste ein Schwarmbewusstsein entstehen.

Warum müssen wir Feinstaubzonen und Schlangengurken reglementieren?

"Der Stadtverkehr trägt zur lokalen Belastung oftmals zu mehr als 50 Prozent bei, wie die Messungen der einzelnen Städte belegen. Das liegt allerdings oft nicht an den Dieselrußemissionen der Motoren selbst, sondern wird durch Bremsstaub, Reifenabrieb und vor allem der Aufwirbelung des bereits vorhandenen Feinstaubs verursacht." - wiki

Haben wir uns also aufgemacht, den Weg für dieses Kollektiv zu ebnen? Sind die Dinge, die wir uns gerade wünschen nur Meilensteine auf der operativen Straße der Entwicklung? Wünschen wir uns die verschränkenden Herrschaftsformen deshalb so sehr, oder haben wir nur gerade genug Freizeit um darüber nachzudenken?

Wir haben wahrscheinlich einfach genug Luft, um noch ein paar Kapriolen mehr zum machen, die These, wir würden mit wenig technischem Fortschritt und somit geringerer Arbeitsproduktivitätuns nicht über solche Hürden unterhalten, sind aber nur zum Teil korrekt.



 Es gibt in der europäischen Tradition seit der Römerzeit eine Sorge um "drohende Dekadenz", die von der Beobachtung ausgeht, daß Gesellschaften nach langen Friedensszeiten ihre Orientierung an der ständig aufrufbaren Gewalt- und Kampfbereitschaft sowie der Opferwilligkeit der Individuen zugunsten der eigenen Kulturgruppe verlieren. Solche Sorgen stellen den "gesunden" Kampf an den Anfang und die kampflose Dekadenz an das Ende. An der Römerideologie - der Krieg als Erzieher und Antidekadenzprogramm - haben noch die modenen Nationalstaaten angeknüpft. Die radikale historische Anthropologie stellt dagegendie "Dekadenz", das heißt das psychosomatische Luxurieren der Menschen an den Anfang und läßt die Kampfdressuren in den Kriegskulturenerst sehr spät folgen.
- Sloterdijk, Fußnote zu Dekadenz

Denn der technische Fortschritt bereitet uns nur die Möglichkeit, sprich den ökonomischen Vorsprung, der notwendig ist, zur o.g. Entwicklung der Herrschaftsverteilung, nicht den Ursprung des Willens. Das Motiv verbirgt sich hinter der Form und es wird schnell deutlich, was in Kauf genommen wird, was ausprobiert werden möchte um der Reinform des Ergebnisses möglichst nahe zu kommen.


Unter Perspektiven der Evolutionstheorie wahrgenommen, ist die umweltdistanzierende Technik der Vormenschen und erst recht der beginnenden Menschen immer schon indirekte Gen-Technik gewesen - Selbstbehausungstechnik mit der Nebenwirkung Menschwerdung. Sie setzt, wie jede Entlastungstechnik weitreichende Verwöhnungs- und Verfeinerungseffekte frei. Daß dieser eher unbemerkten verwöhnenden Grundtendenz der Humanrevolution in zahlreichen Kulturen historischer Zeit eine Maske aus sekundären Abhärtungen, Verrohungen und männlichen Kriegertugenden überzogen wurde, hat bis in die jüngste Zeit den Einblick in die Werkstatt der Evolution erschwert. Man hat sich zu sehr von der Gewalt und ihren inneren und äußeren Niederschlägen beeindrucken lassen. Es ist an der Zeit einzusehen, daß im Hinblick auf den Menschen gilt: Nichts ist erfolgreicher als die Dekadenz.
- Sloterdijk, das Menschentreibhaus

Dies beantwortet zwar nciht meine Frage im Detail nach den Gründen einzelner operativer Tätigkeiten, die in Fage zu stellen wären, wie das Phaenomen der Feinstaubzone in Deutschen Innenstädten es gibt jedoch einen Hinweis wohin die deutsche Tugend "alles zu Reglementieren" und Weltbester Exporteur von Gesellschaftsspielen zu sein in Wirklichkeit drängen will und was die tätliche Maskierung für eine modehafte, ja sogar unreife oder unterentwickelte  Form ist dies zu verpacken. Wie als wären wir als menschen gerade erst aufgewacht und neiden uns zunächst die Klarheit in einem sozialen Kater. Global ungleichmäßig neidvoll, effizient und verbündet aber geeint in einem prä-Logos, etwa wie 13-jährige, die in der Blüte ihrer Jugend stehend, gebaren wie Erwachsene.

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