Was haben mein Führerschein und mein Kampf gemeinsam?

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Huch, die Urheberrechte von Adolf Hitlers Buch laufen aus und die ersten wittern bereits einen Markt. Aber, Freunde, beruhigt euch - die Diskussion entbrennt wieder mal über etwas ganz anderes als die bloße moralische Verwerflichkeit, die sich hier anbieten würde.
Oder ob sich das Buch besser im Format eines Coffee Table Book, denn einer Fliesentischunterlage machen würde.
Oder ob sich das mit dem Urherberrecht nicht ein bischen erledigt hat - bei dem Werk, vieleicht weil die Schrift selbst verboten sein könnte, villeicht weils einfach keiner kaufen wird.

Nein, es wird kritisiert, dass dieses Buch in einer "historisch-kritischen Ausgabe" herausgebracht werden soll und zwar zum Beispiel editiert vom Münchner Institut für Zeitgeschichte. Unerhört!


Nun habe man die Verbreitung des Werks nach dem Wegfall der Urheberrechte Ende des Jahres 2015 nicht mehr unter Kontrolle. - BR


Und ist es nun die Kontrolle nach der man sich sehnt? Oder ist es die Befürchtung, das Buch würde plötzlich die gleiche Auflagenstärke erreichen, wie vor 90 Jahren, kurz nachdem der Adolf für seinen Umsturzversuch in Landsberg incarceriert wurde und ihm dies Gelegenheit gab seine Nazi-Bibel zu schreiben?


Das Interesse an dem Buch wird dadurch bezeugt, dass es schon vor der Machtergreifung und der kostenlosen Verteilung 241.000 mal verkauft worden war und auch die Exemplare in Bibliotheken sehr gefragt waren. - wiki

Als 1944 die Gesamtauflage 10,4 Millionen Ausgaben betrug, kann man leider im Zusammenhang mit den kostenlos verteilten nicht von einem Bestseller sprechen. Denn Geld hätte man damals sicherlich nicht ausgegeben, um "Hitlers Ferientagebuch aus Landsberg" in Buchform zu bekommen. Aber damit schafft er es imemrhin auf Platz 90 der erfolgreichsten Bücher nach gedruckten Exmplaren.

Dass 1945 aus dem Bleisatz von diesem Buch in eingeschmolzener Form die erste Druckplatte der Süddeutschen Zeitung entstanden sein soll, darüber lasse ich euch frei zu deuten und über die Zeitung zu urteilen. Auch was das "Fahrenheit 451" der letzten 70 Jahre um dieses Buch betrifft, kann man die Stimmung ganz gut einfangen, wenn man sich mit der Grimme-bepreisten Folge des Tatortreinigers auseinandersetzt.

»Meine Arbeit fängt da an, wo sich andere vor Entsetzen übergeben.«
(Schotty)


Als ich aber selber vor 5 Jahren nach Landsberg kam, da habe ich auch etwas geschrieben. Ich schrieb einen Weblog darüber, wie man einen Führerschein im EU-Ausland macht und warum mich die polnischen Fahrlehrer und Prüfer hassen und durchfallen lassen. Dies zu lesen war natürlich kostenlos, es war schließlich ein Netzblog. Zu gerne hätte ich aber auch die gleiche Auflagenstärke erreicht, wie Adolf. Zu gerne hätte ich auch meine Vorstellungen über die Rechttfertigungen des Straßenverkehrsamtes verlautbart. Zu gerne hätte ich das Bewusstein in Deutschland geweckt für eine neue Form der Unterdrückung und Entmündigung, welche Akzeptiert wird wie Nationalsozialismus 1936.  -  Aber ich kam nicht an die Internetmacht und bisher sind es auch nur 2879 Leser, die meine Aufklärung erreicht hat.

Was ich damals ahnte war, Landsberg war früher ein Teil vom deutschen Reich; es wird heute nur noch Gorzów Wielkopolski genannt. Diese Stadt liegt an der Warthe wohingegen Adolf's Landsberg an der Lech liegt. Ich nehme an, das ist Distanz genug für den Moment, aber für einen Kalauer hat es gereicht.

Und jetzt geht hin und bestellt eure Kindle-Ausgabe von diesem Buch bei Amazon, damit amerikanische Firmen an Hitlertexten verdienen können. Das macht es schließlich erst wirklich absurd.


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